Das Universum - seine Kräfte, Mächte, Eigenschaften und Essenzen.

01.06.2018

Das 'Walisische Theosophische Forum' veröffentlichte über die Walisische Sektion der Theosophischen Gesellschaft, in der Dezemberausgabe des Jahres 1934, eine tiefgründige Abhandlung ihres damaligen Präsidenten Dr. Kenneth Morris, zum vorgenannten Thema. Die genaue philosophische und ethische Darstellung des Theosophischen Lehrthemas darf auch heute noch als verblüffend angesehen werden.

"Im Apfel sind Samen, die alles enthalten, was im Apfelbaum ist; neue Äpfel können daraus wachsen. Wir sind Äpfel am Baum des Universums; in uns muss alles sein, was im Universum ist.

Durch inneres Forschen können wir ausfindig machen, welche Geheimnisse die Sterne vor uns verbergen, warum das Grenzenlose mit einer Unendlichkeit von Universen übersät ist, wozu es Sonnen und Planeten gibt, warum es Menschen gibt und aus welchen Gründen sie gedeihen oder elend sind. 

Es muss so sein. Selbsterkenntnis muss der Schlüssel zu allem Wissen sein, weil uns das Universum hervorbringt und alle Kräfte, Mächte, Eigenschaften, Fähigkeiten und Essenzen, die darin enthalten sind, zu unserem Aufbau beitragen und auch latent in uns sind. Ebenso wie wir bewusste Wesen sind, so ist es das Universum. Wie wir viele Bewusstseinsgrade in uns haben, so gibt es auch im Universum eine Unendlichkeit von Bewusstseinsgraden. Wie wir uns entwickeln können, die niederen Elemente unseres Wesens meistern und Bewusstsein und Charakter in uns höher und höher entwickeln können, so entwickelt sich auch das Universum und all die unendlichen Myriaden von Wesen, die es zusammensetzen. Und da wir keinen höheren oder wahren Zweck unserer Essenz finden oder ersinnen können und es keinen anderen geben kann als den, dass wir uns auf diese Weise entwickeln, so wird es uns zur Gewissheit, dass Evolution die grosse Aufgabe allen Daseins ist. 

Die Sterne entwickeln sich und die Atome, die Götter der Milchstrasse und die Infusorien in einem Wassertropfen. Es gibt kein Partikelchen Materie, das nicht die Verkörperung und der letzte äussere Ausdruck einer sich entwickelnden Wesenheit wäre. Es gibt keinen Menschen, der, wenn er um seine Aufgabe und den Zweck seiner Existenz wüsste, nicht seinen Sinn darauf richten würde, sich von den Dingen in ihm zu befreien, die ihn davon abhalten, das in ihm wachsen zu lassen, was ihn für die Menschheit wertvoll macht."

Und weiter heisst es auf einer anderen Seite derselben Zeitschrift: 

"... wenn wir in uns gehen und uns über das tierische Selbst, das wünscht und der Sitz der Leidenschaften ist, erheben; wenn wir uns über das persönliche Selbst, das uns mit unserem äusseren und abgesonderten Wesen identifiziert, erheben; und wir darüber hinaus von dem unpersönlichen Selbst in uns, das denkt und überlegt, zu dem spirituellen Selbst gelangen, das tatsächlich in uns existiert und entdeckt werden kann; wenn wir erkennen, dass unpersönliche Liebe und Mitgefühl über alle Wesen ausströmt und keine Belohnung für seine Wohltaten verlangt, dann sind wir in den reinen Geist in uns eingetreten und offenbaren die Charakteristik und die Kräfte jenes inneren Selbstes in uns, das universal ist und das 'die Liebe ist, welche die Sonne sowie die Sterne bewegt'." 

Weiter führt Dr. Morris seinen edlen Hauptgedanken wie folgt fort:

"Studiert die sieben Prinzipien des Menschen. Hier sind wir persönliche Selbste, niedere Manase. Aber in uns liegt latent ein höheres Manas - die Kraft, so zu denken, wie die Grössten der Menschheit gedacht haben -, das darauf wartet, dass wir es entwickeln. Darüber liegt 'Buddhi', die buddhistische Kraft, um das Universum mit strahlendem Mitgefühl zu lieben und zu erwärmen. Diesem folgt Atman, das universale Selbst, in dem Unendlichkeit ruht. Der Wille ist etwas Unpersönliches und Universales, das auf den Ruf des Wunsches antwortet.

Wünsche des Menschen erfüllen sich deshalb nicht, weil sie so zahlreich und widerspruchsvoll sind und weil der Wunsch den Willen umso weniger in der Gewalt hat, je weniger unpersönlich er ist. Wenn wir für uns selbst etwas wünschen, ist es weniger wahrscheinlich, dass wir es erhalten, als wenn wir es für die Menschheit wünschen.  

Das bedeutet: Wer sein Herz an höhere Ziele heftet, zieht ständig Ströme universaler Willenskraft in sich hinein und wird zunehmend stärker. Der Wille und dessen Wirkung erwecken in dem persönlichen Selbst des entsprechenden Menschen das Höhere Selbst, indem sie die Töne der Oktave des persönlichen Selbstes in Schwingung versetzen, weil sie mit den Oktaven Manas, Buddhi, Atman korrespondieren. 

Die Kräfte und Fähigkeiten des göttlichen Universums strömen in seine Persönlichkeit, wenn er sie braucht, und er wird jeder noch so unmöglichen Aufgabe, die sich ihm in den Weg stellt, gewachsen sein. So hängt der Wert für dieses Werk von der Stärke des Wunsches für seinen Erfolg ab.

Wenn unser Geist vorwärts eilt und sich mit jenem Wunsch in all unseren freien Augenblicken vereinigt, wenn jenes Sehnen unseren aktiven Augenblicken zugrunde liegt, ziehen wir, da dies unpersönlich und selbstlos ist, den Willen des Universums, für den nichts unmöglich ist, in uns hinein.

Der Wille wirkt auf zweierlei Weise: Er weckt die Kräfte des Manas, des denkenden Selbst, wodurch wir immer fähiger werden, grosse Gedanken im Dienste an unsere Mitmenschen auszudrücken. Ausserdem werden die Kräfte des Buddhi, des spirituellen Selbst, erweckt. Sie sind eine wirkungsvolle Hilfe für die Menschen, halten sie von üblen Wegen ab, schützen ihre Umgebung und erwecken in ihnen das göttliche Streben."

(*Auszug aus "Y Fforwm Theosophaidd" des Walisischen Theosophischen Forums) 

Bleibt noch festzuhalten, dass das Weben des 'Schicksalsgewebes', mit dem jedes Individuum, ob es will oder nicht, ständig und für alle Zeiten beschäftigt ist, nicht nur das Weben seines eigenen zukünftigen Schicksals ist, sondern auch der Beitrag des Individuums zum gesamten Weben aller Wesen an dem grösseren Schicksalsgewebe; jenes das alles zusammensetzt, was wir das Universum nennen.

Betrachten wir aber einmal einen Augenblick lang diesen grossen Gedanken von der entgegengesetzten Seite aus: Wenn wirklich wahr ist, dass jedes Individuum seinen Teil zum Aufbau oder Weben des Schicksalsgewebes des Universums beiträgt, von dem es ein untrennbarer und integraler Teil ist, dann ist der Umkehrschluss hiervon ebenso wahr: dass nämlich unser Universum mit seinem erhabenen göttlich-spirituellen Hierarchen - dessen Kinder und Sprösslinge wir alle sind, wie es Kleanthes, der Stoiker, so edel ausdrückte - unaufhörlich und durch das kosmische Manvantara hindurch ununterbrochen mit seiner erhabenen Arbeit beschäftigt ist, alle Wesen, Wesenheiten und Geschöpfe innerhalb seiner weit verstreuten Bereiche mit seiner Essenz, seiner Intelligenz, seinem Denken, seiner Kraft und folglich auch seinem Willen zu erfüllen. Welch wunderbare Vorstellung! Denn bedenken wir, dass selbst wenn wir als Individuum untrennbare Teile und teilhafte Vertreter des Ganzen sind, doch als teilhafte Individuen keine blossen Automaten, keine willenlosen, unintelligenten Puppen eines unerforschlichen und seelenlosen Fatums sind. Jedes Individuum besitzt vielmehr die unendliche Zeit hindurch aufgrund seiner Teilhaberschaft am Wesen der kosmischen Essenz für immer seinen eigenen Teil jener kosmischen Essenz. Somit ist es tatsächlich ein Wesen mit 'freiem Willen', allerdings nur insofern, als es durch selbst-geleitete und selbst-ersonnene Anstrengungen jenen Willen selbst freigesetzt hat. So kristallisiert respektive manifestiert es sein eigenes künftiges Schicksal, webt sein eigenes Schicksalsgewebe, welches wahrlich es selbst ist.


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